Meldung - Endlager Morsleben
8. Juli 2019: Zeitzeugen berichten über das Endlager Morsleben zu Zeiten der Wende
Die Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland bewegte viele Kolleginnen und Kollegen nicht nur privat, sondern auch beruflich. Die Betreiberverantwortung für das Endlager Morsleben ging vom VEB Kombinat Kernkraftwerke Bruno Leuschner (Lubmin; VEB = Volkseigener Betrieb) auf das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) über. Dr. Klaus Ebel, Werkleiter von 1971 bis 1999, und Henning Rösel, damals Vizepräsident des BfS, sprachen am Donnerstag, den 20. Juni 2019 als Zeitzeugen über diese bewegte Zeit. Die Infostelle Morsleben hatte im Rahmen der Salzigen Tour 2019 zum Zeitzeugenabend „Geschichte Erleben – Das Endlager Morsleben zu Zeiten der Wende“ eingeladen. Die rund 30 Gäste erlebten einen unterhaltsamen Abend mit neuen Einblicken und vielen Anekdoten. Michael Lohse, Infostellenleiter, führte durch den Abend, wobei es vor allem darum ging, im Gespräch mehr über die Wendejahre zu erfahren. Henning Rösel machte deutlich, dass man von Seiten des BfS plötzlich ein Endlager für radioaktive Abfälle in der eigenen Verantwortung hatte: „Das ERAM fand in den Entsorgungsplänen des Bundes vor der Wende keine Berücksichtigung. Auch die Energieversorgungsunternehmen waren nicht auf die Möglichkeit eingestellt, ihre schwach- und mittelradioaktiven Abfälle endzulagern.“ Es galt zu prüfen, ob die DDR-Anlage den gesamtdeutschen Anforderungen entsprach. „Auf den ersten Blick wirkte es für einen Wessi schon erstaunlich, dass man radioaktive Abfälle mit einem Traktor auf einem einfachen Hänger transportieren konnte. Aber auf den zweiten Blick wurde schnell deutlich, dass sich die Sicherheitsstandards des ERAM an denen der internationalen Atomenergiebehörde orientierten“, so Henning Rösel. Schwieriger sei die rechtliche Einordnung der Dauerbetriebsgenehmigung mit ihren Nebenbestimmungen sowie dem begleitenden Schriftwechsel des Staatlichen Amt für Atomsicherheit (SAAS; atomrechtliche Genehmigungsbehörde in der DDR) gewesen. So musste man zum Beispiel prüfen, ob ein Brief des SAAS zu einer Erweiterung der Dauerbetriebsgenehmigung führte. Diese Sachlage führte auch dazu, dass es zu Beginn der 1990er Jahre zur Klage gegen das Endlager kam. Im Juli 1992 hob das Bundesverwaltungsgericht Urteile der Vorinstanz auf und erklärte den Betrieb des Endlagers Morsleben für zulässig. Dr. Klaus Ebel meinte, eigentlich habe sich mit der Wende auf Seiten des Betriebes nicht viel verändert. Vor allem wurde die Technik modernisiert und man hatte nicht mehr mit der Mangelwirtschaft der DDR zu kämpfen. „Der Betrieb war in der DDR autark. Das heißt wir hatten Maler, Schlosser, Elektriker und mussten zusehen, wie wir mit den wenigen Mitteln zurechtkommen“, sagte Dr. Klaus Ebel. Ein Problem sei gewesen, dass man als Betriebsteil eines Kernkraftwerkes nur schwer an Bergbaumaterialien gekommen sei. Eine Anekdote, die Dr. Klaus Ebel zu berichten hatte, drehte sich um die Anforderung an DDR-Betriebe, mit überschüssigem Material Konsumgüter zu produzieren: „Wie produziert man Konsumgüter mit einem Endlager für radioaktive Abfälle? Wir haben dann unsere Handwerksleistungen in der Region angeboten, um einen Beitrag leisten zu können.“ Ein weiterer spannender Aspekt stellte die Stasi-Tätigkeit (Stasi = Ministerium für Staatssicherheit der DDR) im Endlager Morsleben dar. Laut Dr. Klaus Ebel war die Stasi erst einmal ein Kontakt wie jede andere Behörde auch. Nur einmal musste er auf Druck der Behörde einen Mitarbeiter entlassen. Später sei er überrascht gewesen, wie aktiv die Stasi im Endlager Morsleben war: „Damit habe ich nicht gerechnet. Schließlich waren wir sowieso schon alle sicherheitsüberprüft, um in einem Endlager arbeiten zu können“, sagte Dr. Klaus Ebel. Neben vielen weiteren Aspekten machten beide Zeitzeugen auf eine Tatsache aufmerksam, die heute zunehmend in Vergessenheit gerät. Die Wende sei ein Glücksfall der Geschichte und so wertvoll. Dass es eine Grenze ohne Reisefreiheit gibt, sei heute kaum noch vorstellbar. Zum Ende des Abends nutzen nicht nur die Gäste die Gelegenheit für Fragen, sondern die vielen ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Dr. Klaus Ebel dankten ihrem ehemaligen Werkleiter für seine gute Arbeit. Neben vielen weiteren Aspekten machten beide Zeitzeugen auf eine Tatsache aufmerksam, die heute zunehmend in Vergessenheit gerät. Die Wende sei ein Glücksfall der Geschichte und so wertvoll. Dass es eine Grenze ohne Reisefreiheit gibt, sei heute kaum noch vorstellbar. Zum Ende des Abends nutzen nicht nur die Gäste die Gelegenheit für Fragen, sondern die vielen ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Dr. Klaus Ebel dankten ihrem ehemaligen Werkleiter für seine gute Arbeit.
Weitere Highlights im Rahmen der Salzigen Tour
Die Veranstaltung „Geschichte erleben“ wurde im Rahmen der Salzigen Tour 2019 durch die Infostelle Morsleben organisiert. Weitere Highlights im Rahmen der Salzigen Tour sind:- Samstag, 28. September 2019, 10.00 - 18.00 Uhr:
Tag der offenen Tür der Infostelle Morsleben mit Werkbesichtigung (ab 13 Jahren) und Experimenten für Kinder - Donnerstag, 10. Oktober 2019, ab 17.30 Uhr:
Geschichte erleben - Lesung mit dem Historiker Dr. Björn Kooger zum Thema Zwangsarbeit und Rüstungsproduktion in der Schachtanlag
Infostelle Morsleben
Die Infostelle Morsleben bietet eine umfassende Ausstellung zur Geschichte des Endlagers Morsleben an. Bei Fragen zu den Angeboten im Rahmen der Salzige Tour im Endlager Morsleben und für Anmeldungen stehen Ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Infostelle Morsleben gerne zur Verfügung: Infostelle MorslebenAmalienweg 1
39343 Ingersleben OT Morsleben T: 039050 979931 oder – 8272
F: 039050 97612
info-morsleben@bge.de Im Rahmen der Salzigen Tour bieten unterschiedliche Partner im Raum Magdeburg, Elbe, Börde Heide ein breites Erlebnisangebot rund um das Thema Salz an. Die Salzige Tour 2019 findet von Mai bis Oktober statt.
Hennig Rösel (links) und Dr. Klaus Ebel (rechts) berichten über ihre Eindrücke aus den Wendejahren im Endlager Morsleben