Stabilität in Morsleben – Vom Bergwerk zum Endlager
In der tiefengeologischen Endlagerung bildet das Wirtsgestein, das Gestein, dass die radioaktiven Abfälle umgibt, die wichtigste Barriere, um Mensch und Umwelt vor radioaktiven Abfällen zu schützen. Bergbau kann diese Barriere unter Umständen schwächen, wenn er zum Beispiel die Dichtheit des Gebirges verringert. Dann muss der Mensch mit Hilfe von technischen Maßnahmen eingreifen.
Das Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle Morsleben ist ein ehemaliges Kali- und Steinsalzbergwerk. Es wurde 1970 in der DDR als Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle ausgewählt. Von 1898 bis 1969 wurde Salz abgebaut. Der Abbau führte dazu, dass später Maßnahmen notwendig wurden, um die Stabilität des Endlagerbergwerks langfristig zu gewährleisten.
Auch heute noch wird das Bergwerk als stabil eingestuft, sodass es sicher bis zur Stilllegung betrieben werden kann und eine langfristige sichere Endlagerung der Abfälle möglich ist. Dies hat zwei zentrale Gründe.
Grund 1: Die Spannung im Salzgestein ist gering
Durch das Gewicht der Erdmassen, die über dem Salzgestein lagern, steht es dauerhaft unter Druck – oder wie die Fachleute sagen unter Spannung. Im ungestörten Salzgestein herrscht somit überwiegend ein allseitig gleicher Spannungszustand, der sogenannte Primärspannungszustand. Diese Spannung nimmt in der Tiefe zu, da auch das Gewicht der darüber liegenden Gebirgsschichten zunimmt.
Der Bau eines Grubenraums verändert diesen Spannungszustand. Wie genau die Veränderung aussieht und wie weit sie sich auswirkt, ist abhängig von Form und Größe des Grubenraums und auch davon, ob im näheren Umkreis bereits weitere Abbaue erschlossen wurden.
Im Endlager Morsleben werden die Veränderungen der Spannungszustände überwacht. Messungen an verschiedenen Orten und in unterschiedlicher Tiefe liefern gemeinsam mit weiteren gebirgsmechanischen sowie markscheiderischen und geophysikalischen Überwachungsmessungen Daten für die Erstellung und Überprüfung von geomechanischen Modellen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Beanspruchungen der Grubenabbaue in der Regel nur gering sind. Die daraus resultierenden Verschiebungen liegen bei rund einem Millimeter pro Jahr. Bereiche mit höheren Beanspruchungen wurden durch Verfüllmaßnahmen stabilisiert (siehe Bergbauliche Gefahrenabwehr im Zentralteil). Der Spannungszustand in großen Teilen des Bergwerks ist insgesamt sehr gering – was auch daran liegt, dass das insgesamt stabile Salz durch ein „Skelett aus Anhydritgestein“ gestützt wird.
Grund 2: Die erfolgreiche Stabilisierung des Grubengebäudes
Das Endlager Morsleben gliedert sich in die beiden miteinander verbundenen Grubenfelder Bartensleben und Marie. Während im Grubenfeld Marie hauptsächlich Kalisalz abgebaut wurde, konzentrierten sich die Bergleute im Grubenfeld Bartensleben auf den Abbau von Steinsalz. Hier ist die Anzahl und Größe der Abbaukammern bezogen auf das Gesamtvolumen des Grubenfeldes deutlich größer, da die Steinsalzvorkommen ergiebiger waren als die Kalisalzvorkommen in der Grube Marie. Insgesamt wurde so ein Hohlraumvolumen von rund 8,7 Millionen Kubikmeter geschaffen. Heute sind noch rund 5 Millionen Kubikmeter Hohlraumvolumen vorhanden. Das Einbringen von Versatzmaterial und die Verfüllung von Abbaukammern mit Salzbeton haben das Hohlraumvolumen reduziert.
Am 30. November 2001 kam es im Zentralteil des Grubenfeldes Bartensleben in etwa 420 Metern Tiefe zu einem Abbruch von Gestein aus der Decke, bei dem rund 4.000 Tonnen Salzgestein abstürzten. Dies führte zur Umsetzung der Maßnahme „bergbauliche Gefahrenabwehr im Zentralteil“. Von 2003 bis 2011 verfüllten Bergleute insgesamt 27 Abbaukammern im Zentralteil des Grubenfelds Bartensleben mit rund 935.000 Kubikmetern Salzbeton.
Zweck der Verfüllung war es, das Grubengebäude zu stabilisieren. Die Ergebnisse der begleitenden geotechnischen Betriebsüberwachung bestätigen, dass dieses Ziel erreicht wurde. Mit dem erfolgreichen Abschluss der bergbaulichen Gefahrenabwehr im Zentralteil ist sichergestellt, dass die Stabilität des Bergwerks bis zum Abschluss der geplanten Stilllegung erhalten bleibt. Nach der Stilllegung wird das Endlager Morsleben nahezu vollständig mit Spezialbeton verfüllt sein, sodass die Stabilität des Wirtsgesteins auch für lange Zeiträume gewährleistet ist.