Es gab auch einen ganz, ganz jungen Teilnehmer beim Endlager-Workshop für die junge Generation in Kassel. © BfE
Die Talkrunde mit Ingo Bautz vom BfE, Steffen Kanitz von der BGE sowie Lukas Fachtan und Jorina Suckow vom NBG am Freitagabend ist von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern als sehr gut gelobt worden, weil alle drei Institutionen sich um klare und kurze Antworten bemüht haben. © BfE
Eine Vorstellungsrunde mit mehr als 60 Leuten hätte die meisten wohl überfordert. Stattdessen haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in kleinen Gruppen vorgestellt. © BfE
Schlussakkord am Samstagabend nach einem ganzen Tag im „open Camp“ mit 13 überwiegend von den jungen Leuten selbst organisierten Workshops: Camp-Moderatorin Christin Heuer bitte alle um die Zusammenfassung des Tages in einem Wort. © BfE
Am Sonntag haben sich noch einmal alle für ein Gruppenbild zusammengetan. © BfE
Ein Thema, „das niemand mag“, für das „wir aber eine Lösung brauchen“. So beschrieb einer von gut 60 jungen Leuten zwischen 14 und 30 Jahren beim Workshop #Dein_Endlager in Kassel die Diskussion um die Standortsuche für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle. Die jungen Leute – überwiegend Studierende verschiedener Universitäten – wiesen auf das Misstrauen und verlorenes Vertrauen in die staatlichen Institutionen hin, das beim Thema radioaktive Abfälle immer wieder sichtbar werde, vor allem weil vieles hinter verschlossenen Türen ausgehandelt worden sei. Den Workshop, den drei Institutionen, die mit der Standortsuche befasst sind, gemeinsam veranstaltet haben, bezeichnete ein Teilnehmer so: „Und plötzlich geht die Tür auf.“
Der Workshop in Kassel war eine Premiere. Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE), im Standortauswahlverfahren für die Rechtsaufsicht und die Öffentlichkeitsbeteiligung zuständig, das Nationale Begleitgremium (NBG) mit einer eher vermittelnden Rolle und die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), die mit der praktischen Arbeit in der Standortsuche betraut ist, haben sich gemeinsam an die junge Generation gewandt. Sie wollten vor allem wissen: Wie können junge Menschen für das Thema Endlagerung interessiert werden? Und wie wollen junge Menschen am Auswahlprozess für einen Standort beteiligt werden.
Wie funktioniert die Standortsuche?
Das Interesse an der konkreten Arbeit war groß, denn eine größere Gruppe von Studierenden der Fächer Geologie und Bergbau war nach Kassel gekommen. Aber auch die Frage, in welchem politischen Kontext die Standortauswahl stattfindet, warum am Ende das Parlament entscheidet, wo das Endlager für hochradioaktiven Atommüll errichtet werden wird, gehörten zu den Diskussionsthemen.
Wie denn mit den Gebieten umgegangen werden solle, über die es kaum Daten gebe, wollte jemand am Freitagabend in der Talkrunde mit den drei Veranstaltern wissen. BGE-Geschäftsführer Steffen Kanitz wies darauf hin, „dass es sehr viele Daten gibt“, allerdings sei der geologische Untergrund unterschiedlich gut erkundet. Die BGE müsse mit dem Zwischenbericht Teilgebiete im dritten Quartal 2020 auch einen Vorschlag machen, wie mit solchen Gebieten verfahren werden könnte. Denn das Standortauswahlgesetz sieht vor, dass ein Mangel an Daten nicht dazu führen darf, dass ein Gebiet als „ungeeignet“ aus dem Standortauswahlverfahren ausscheidet. Steffen Kanitz kann sich vorstellen, für Regionen, die trotz geringer Datenlage günstige geologische Voraussetzungen für ein Endlager erwarten lassen, punktuell Nacherkundungen vorzuschlagen, um eine abschließende Bewertung solcher Gebiete faktenbasiert zu ermöglichen.
Der Rat der jungen Generation
Eines haben die jungen Leute in Kassel den drei Veranstaltern mitgegeben: „Ehrlichkeit ist das Kommunikationsziel“. Das war das Fazit eines von insgesamt 13 Workshops, die überwiegend von den jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmern selbst vorgeschlagen und auch eigenständig umgesetzt worden sind. Nur mit Ehrlichkeit in der Kommunikation könnten sich die Institutionen das verlorene Vertrauen in den Standortauswahlprozess wieder erarbeiten, war die einhellige Einschätzung. Der Wunsch nach „neutraler“ oder gar „objektiver“ Information war groß. Eine Homepage, auf der alle seriösen und relevanten Informationen zu finden sind, und zwar übersichtlich präsentiert, gehörte zu den Wünschen, die geäußert worden sind. Angebote wie Online-Konsultationen und interaktivere Online-Angebote gehörten ebenfalls zu den Ratschlägen der jungen Generation. Zu verspielt, auch das zeigte sich an diesem Wochenende, darf das Informationsangebot allerdings nicht werden. Denn dazu sei das Thema denn doch zu ernst.
Das Nationale Begleitgremium (NBG) hat für die junge Generation einen hohen Stellenwert, weil es durch seine Zusammensetzung aus angesehenen Personen des öffentlichen Lebens und zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern eine hohe Glaubwürdigkeit mitbringe. Die Arbeit dieses Gremiums solle nicht enden, wenn der Standort gefunden sei. „Ich wünsche mir, dass das NBG auch den Bau des Endlagers begleitet“, sagte eine junge Frau am Sonntag zum Abschluss des Workshops. Ein anderer schlug vor, die Öffentlichkeitsbeteiligung doch gleich an dieses unabhängige Gremium zu übergeben, obwohl die Wahrscheinlichkeit, dass die Zuständigkeiten im Prozess noch einmal grundsätzlich neu sortiert werden, nicht sehr hoch ist. „Das wäre trotzdem eine gute Idee“, sagte er in einem der Workshops, in dem die Idee entstand.
Was passiert nun?
Das BfE, das NBG und die BGE werden die Ergebnisse mit einer Dokumentation des Workshops sichern und dann wird jede Institution bezogen auf ihre Aufgabe die Vorschläge auf ihre Umsetzbarkeit überprüfen. Bis zum Ende des Jahres wollen alle drei Institutionen bekanntgeben, welche Vorschläge umgesetzt werden, und welche aus welchen Gründen nicht umgesetzt werden oder werden können. Alle drei Veranstalter waren vom Engagement, der Ernsthaftigkeit und dem Ideenreichtum der jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Kassel begeistert. Für die Leiterin der Unternehmenskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der BGE, Dagmar Dehmer, ist die Erkenntnis am wichtigsten, „dass wir nicht jugendgerechte Informationsmaterialien brauchen, sondern dass wir auf allen relevanten Informationskanälen Texte, Videos, Podcasts und Dokumente brauchen, die für die Allgemeinheit verständlich sind“. Denn: „Was die jungen Leute vor allem wollen ist, dass wir ihnen zuhören, dass wir sie Ernst nehmen, und dass ihre Diskussionsbeiträge nicht im nirgendwo enden.“ Das aber gelte für Erwachsene wie für die junge Generation, sagte sie.