Standpunkt von Dr. Thomas Lautsch

25. März 2019: Geschäftsführer Dr. Thomas Lautsch über die Frage, wo die Asse nach zehn Jahren unter Atomrecht steht.

Am 25. März 2009 wurde die Asse unter Atomrecht gestellt – ein Anlass, zurückzuschauen, was war und vorauszuschauen, was sein soll.

Perspektiven auf die Asse

In den vergangenen Jahren stand in der öffentlichen Diskussion rund um die Asse häufig ein Thema im Mittelpunkt: die Schachtanlage Asse II bei Remlingen. Der gelbe Buchstabe „A“ in den Ortschaften, in Läden, Fenstern, Einfahrten sowie an unzähligen Autos ist Ausdruck dieser Diskussion, ein Symbol des Widerstands und der Aufforderung: „aufpASSEn!“. Die Auseinandersetzungen um die Asse und ihre Aufarbeitung fanden bundesweite Aufmerksamkeit, der Landkreis Wolfenbüttel war plötzlich Ort „des größten Umweltproblems Deutschlands“. Vorher war es lange still um die Asse. Die Einlagerung radioaktiver Abfälle von 1967 bis 1978 fand nicht annähernd die Aufmerksamkeit, die (potenzielle) Endlagerstandorte heute erfahren. Auch nach der Einlagerungszeit war das Forschungsbergwerk und Versuchsendlager, das natürlich ein Endlager war, kein großes Thema: der Abfall, im Salz sicher verschlossen für alle Ewigkeit? Heute wissen wir es besser: Stabilitätsprobleme, eindringendes Wasser, die Langzeitsicherheit der Abfälle im Bergwerk ist nicht nachgewiesen worden. Aber das größte Umweltproblem des Landes ist die Asse auch nicht. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) verfolgt ihren gesetzlichen Auftrag, die Abfälle aus der Schachtanlage zurückzuholen. Zehn Jahre steht die Anlage unter Atomrecht. Was haben wir seither erreicht?

Der aktuelle Stand nach 10 Jahren Asse unter Atomrecht

Der Betrieb des Bergwerks nach Berg- und Atomrecht ist auch heute noch kein Tagesgeschäft. Die Stabilisierung des Bergwerks zeigt Wirkung. Aber ob das reichen wird, weiß niemand. Sie ist eine zentrale Voraussetzung für die Rückholung der Abfälle aus dem Bergwerk. Und sie ist zum Teil hochumstritten, wie die Diskussion um die Verfüllung von Strecken im unmittelbaren Umfeld der Einlagerungskammern auf der 750-Meter-Ebene in der Vergangenheit zeigt. Notwendig oder verantwortungslos – die Meinungen gehen weit auseinander. Die Notfallvorsorge kommt langsam, aber sicher voran. Auch sie ist eine Voraussetzung für die Rückholung der Abfälle aus dem Bergwerk. Einlagerungskammern können nur dann geöffnet werden, wenn für das mögliche Absaufen des Bergwerks Vorsorge getroffen worden ist. Noch ist die sogenannte Notfallbereitschaft nicht erreicht, aber wir sind schon heute besser auf einen möglichen Notfall vorbereitet als noch vor einigen Jahren. Die Rückholung ist auch heute noch ein Projekt, dessen Abschluss (und Beginn) nicht konkret absehbar ist. Viele Arbeiten finden nur auf dem Papier statt. Und doch hat das Projekt große Fortschritte gemacht: Der Faktenerhebung ist es gelungen, in das Innere einer Einlagerungskammer vorzudringen. Durch diverse Erkundungsbohrungen haben wir einen neuen Eindruck von der geologischen Struktur östlich des Bergwerks, dort, wo wir ein neues Rückholungsbergwerk bauen wollen. Die Vorbereitungen für die 3D-Seismik sind fast abgeschlossen – sodass wir in den nächsten Jahren noch mehr Informationen über die genaue Ausdehnung der Salzstruktur erhalten werden, um so die Rückholung planen zu können. Die Konzeptplanung steht vor der Fertigstellung und dann steht die Genehmigungsplanung an, auf deren Basis die Rückholung dann Kammer für Kammer ausgearbeitet werden kann. Es geht also voran, auch wenn vieles noch ungewiss ist.

Welchen Stellenwert wird die Asse in zehn Jahren, also im Jahr 2029 haben?

Zwei Szenarien: Die Asse säuft ab, bevor die Notfallmaßnahmen vollständige umgesetzt sind. Die Rückholung der radioaktiven Abfälle wird unmöglich. Das Bergwerk wird soweit möglich gegengeflutet, um die radiologischen Gefahren so weit wie möglich von der Umwelt fernzuhalten. Die gesetzlichen Schutzziele können so nicht sicher eingehalten werden. Ziel ist vielmehr, einen möglichen Schaden möglichst gering zu halten. Evakuierungen und Umsiedlungen im Landkreis Wolfenbüttel sind aber – entgegen Befürchtungen in der Bevölkerung – nicht erforderlich. Dennoch ist die gescheiterte Rückholung ein Imageproblem für die Region. Es ist möglich, dass radioaktive Stoffe an die Oberfläche kommen, irgendwann. Wie geht man als Gesellschaft mit diesem Risiko um? Wie wirkt es sich auf die Gemeinden aus? Oder: Die Rückholung gelingt. Das Projekt, das viele für unmöglich hielten, wird ein Erfolg. Noch ist es nicht soweit, doch die Rückholung startet in einem absehbaren Zeitraum. Die Abfälle werden durch einen neuen Schacht an die Tagesoberfläche gebracht, konditioniert, zwischengelagert und anschließend in einem neuen Endlager gelagert. Die Rückholung wird mit einer Strahlenbelastung für die Beschäftigten und die Bevölkerung in der Umgebung der Asse verbunden sein. Diese wird in Kauf genommen, um die Langzeitsicherheit der Abfälle dauerhaft sicherstellen zu können. Irgendwann ist die Schachtanlage Asse II Geschichte. Die radioaktiven Abfälle lagern an einem anderen, besseren Ort.

Unsere Zusage an die Region

Im April 2017 hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung vom Bundesamt für Strahlenschutz die Verantwortung für die Asse übernommen. Wir arbeiten daran, dieser Verantwortung gerecht zu werden und die radioaktiven Abfälle aus dem Bergwerk zurückzuholen. Wir können nicht versprechen, dass uns dies gelingt. Wir können nur zusagen, dass wir alles tun, um dieses Ziel zu erreichen. Und dass wir auf dem Weg dahin immer offen und ehrlich darstellen, wo wir stehen.

Was ist die Schachtanlage Asse II für Sie?

Ein Skandal? Ein Risiko? Eine Chance? Was wollten Sie uns schon immer sagen? Schreiben Sie uns: info-asse(at)bge.de.
Wir freuen uns auf die Diskussion mit Ihnen.

Dr. Thomas Lautsch, technischer Geschäftsführer der Bundesgesellschaft für Endlagerung


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