Ein Endlager für radioaktive Abfälle kann nicht von heute auf morgen stillgelegt werden. Die dazu erforderlichen Genehmigungsverfahren sind umfangreich und nehmen Zeit in Anspruch. Im Fokus steht dabei immer der Nachweis der Langzeitsicherheit. In der aktuellen „Betrifft: Morsleben“ vom 14. November 2023 gewährte die BGE Einblicke in diese Prozesse.
Lena Landwehr (Gruppenleiterin in der Gruppe Genehmigungen Morsleben) führte zunächst in die Themen „Gesetzeslage und Genehmigungssituation“ ein. Diese sind für den Standort Morsleben eine Sondersituation, denn das Endlagerverfahren wurde bereits 1970 eröffnet. Der Projektstandort in Sachsen-Anhalt erhielt 1986 eine unbefristete Dauerbetriebsgenehmigung nach DDR-Atomrecht, die bis heute Gültigkeit hat. „Ziel ist die Genehmigung für den Abschluss der Stilllegung, um damit das Endlagerverfahren abzuschließen“, erläuterte Lena Landwehr.
Genehmigungsprozess, weder kurz noch knapp – ein Praxisbeispiel
Dass der Prozess bis zur Genehmigung langwierig und herausfordernd ist, verdeutlichte Lena Landwehr am Beispiel der speziellen Kanalisation. Dabei handelt es sich um ein Rohrleitungssystem, das anfallendes Wasser im übertägigen Kontrollbereich auffängt und in zwei Auffangbehältern sammelt. Dieses Verfahren ist in der Dauerbetriebsgenehmigung vorgeschrieben: Es muss sichergestellt werden, dass Wasser, welches im übertägigen Kontrollbereich anfällt und unter Umständen radioaktiv belastet ist, nicht mit der regulären Kanalisation und der Umwelt in Berührung kommt. Da seit 1998 keine radioaktiven Abfälle mehr in Morsleben angeliefert werden, ist eine potenzielle Kontamination von Wässern im übertägigen Kontrollbereich praktisch ausgeschlossen.
2017 begann daher die Vorbereitung zur Außerbetriebnahme der speziellen Kanalisation. Die Genehmigung dazu wurde 2021 mit der 54. Änderung der Dauerbetriebsgenehmigung fixiert. Ein langer Weg, wie Lena Landwehr verdeutlichte, denn für die Genehmigung spielen neben dem Atomrecht auch andere Rechtsgebiete eine Rolle. „Und auch Behörden werden von der Genehmigungsbehörde, dem Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt (MWU) (externer Link) beteiligt, zum Beispiel das Landesamt für Geologie und Bergwesen (LAGB) (externer Link) oder das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) (externer Link).“ Lena Landwehr schloss ihre Erläuterungen zu diesem Praxisbeispiel mit einem Fazit: „Aus unserer Sicht war es mit zwei eingereichten Unterlagen kein großes Verfahren. Und dennoch dauert es eben eine Zeit, ein atomrechtliches Verfahren genehmigungskonform durchzuführen.“
Das Stilllegungsverfahren verläuft nach dem gleichen Prinzip
Im Weiteren zog Lena Landwehr Parallelen zum laufenden Planfeststellungsverfahren der geplanten Stilllegung des Endlagers Morsleben, erläuterte die bisherigen Meilensteine und stellte fest: „Die Genehmigungsvoraussetzungen sind die gleichen. Aber die Schadensvorsorge ist für ein Stilllegungsverfahren nicht so einfach darzustellen wie für die spezielle Kanalisation.“ Die Gründe an der höheren Komplexität sieht Landwehr vor allem an der Langzeitsicherheit, die die BGE in Anlehnung an § 19 der Endlagersicherheitsanforderungsverordnung (externer Link) berücksichtigt, auch wenn diese nur für hochradioaktive Abfälle gilt. „Weitere Vorgaben, wie die Empfehlungen der Strahlenschutzkommission (SSK) (externer Link) von 2010 und der Entsorgungskommission (ESK) (externer Link) von 2013 müssen umgesetzt werden. Da kann man sich vorstellen, warum ein Stilllegungsverfahren über 20 Jahre dauert.“ so Landwehr.
Sicherheitsbewertung vs. Sicherheitskonzept
Warum das Thema Sicherheitskonzept für die Genehmigung so wichtig ist, erläuterte Matthias Mohlfeld (Abteilungsleiter Stilllegung Morsleben) in seinem Vortrag. Eine Genehmigung zur Stilllegung darf nur erteilt werden, wenn der Nachweis der erforderlichen Schadensvorsorge nach Stand von Wissenschaft und Technik erbracht ist (§ 7 des Atomgesetzes, externer Link). „In vielen Gremien wurde diskutiert, ob es überhaupt möglich ist, einen Nachweis über einen Zeitraum von einer Million Jahre für technische Bauwerke zu erbringen“ sagte Mohlfeld und verdeutlichte damit die Komplexitäten.
Mohlfeld erklärte den Teilnehmer*innen, warum sich damit auch die Vorgehensweisen zur Entwicklung von Sicherheitskonzepten gewandelt haben und wie die geltenden Konzepte auf Morsleben angewendet werden. Er übertrug das Prinzip des Sicherheitskonzepts auf die in Morsleben geplanten Stilllegungsmaßnahmen und veranschaulichte dieses mit den Beispielen der geplanten Streckenabdichtungen.
Die Sicherheitsbewertung
Bei diesen gehören neben der reinen Funktionalität auch die Bewertung der Eigenschaften des Baukörpers und eine Prognose von möglichen Entwicklungen in der Umwelt zur Sicherheitsbewertung. Diese muss für das Genehmigungsverfahren zur Stilllegung gesetzeskonform durchgeführt werden, erläuterte Mohlfeld und sah in dem langwierigen Verfahren auch viel Positives: „Wir sind mit allen Beteiligten in enger Abstimmung. Das soll schließlich dahin führen, dass wir irgendwann die Genehmigung für die Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen erhalten.“
Präsentationen und Aufzeichnung
Die Vortragsfolien können Sie hier herunterladen (PDF, 3,9 MB).
Da das Gebäude der Infostelle in Morsleben zurzeit renoviert wird, fand die Informationsveranstaltung dieses Mal im Dorfgemeinschaftshaus Morsleben statt.
Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet und steht allen Interessierten auf dem YouTube-Kanal der BGE (externer Link) zur Verfügung.
Bürger*innen, die der BGE auch im Nachgang Fragen zu den Themen der Veranstaltung stellen oder Anregungen mitgeben möchten, können dies über die E-Mail-Adresse dialog(at)bge.de gerne tun.