Asse

Stabilisierung des Bergwerks weiter notwendig

13. Juli 2021: Die Schädigungsprozesse schränken die Gebrauchstauglichkeit zunehmend ein und erfordern weitere Stabilisierungsmaßnahmen. Diese Einschätzungen wurden im Gebirgsbeobachtungsgespräch 2020 erörtert.

Die Ergebnisse der Gebirgsbeobachtung (Geomonitoring) sind wichtiger Bestandteil für die Vorbereitung der Rückholung. Sie ermöglichen Rückschlüsse zur Stabilität des Tragsystems der Schachtanlage Asse II. In diesem Kontext werden auch die Notfallplanung und zusätzliche Maßnahmen im Falle eines technisch nicht mehr beherrschbaren Lösungszutritts ausgearbeitet. Das Geomonitoring wird auf der Schachtanlage Asse II von Geotechniker*innen, Geolog*innen, Geophysiker*innen und Markscheider*innen (untertägige Vermesser*innen) aus der Abteilung Geoinformation bearbeitet. Für eine langfristige Bewertung des Tragsystems, auch im Hinblick auf die geplante Rückholung, werden durch das Institut für Gebirgsmechanik GmbH (IfG) aus Leipzig ergänzend gebirgsmechanische Modellrechnungen erstellt.

Im Rahmen eines öffentlichen Fachworkshops wurden die Mess- und Untersuchungsergebnisse des Jahres 2020 von den Fachleuten der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) im „Gebirgsbeobachtungsgespräch 2020“ vorgestellt und bewertet. Weiterhin erfolgte durch Vertreter des IfG eine Einschätzung inwieweit die aktuellen Ergebnisse des Monitorings im Einklang mit den gebirgsmechanischen Modellrechnungen stehen. Das Gespräch fand am 1. Juli 2021 statt und wurde live über YouTube übertragen.


Ergebnisse des Geomonitorings

  • Beanspruchung des Tragsystems
    Die Ergebnisse zeigen weiterhin eine hohe Beanspruchung des Tragsystems in der Südflanke aus. Die hohen Beanspruchungen führen bei fehlender oder unzureichender Stabilisierung der tragenden Elemente zu weiteren Schädigungsprozessen. Die maximal gemessene Spannung ist überwiegend im mittleren Pfeilerbereich auf einem hohen Niveau konstant und in einigen Bereichen leicht rückläufig. Auffallend sind hier die weiterhin großen Spannungsdifferenzen, die zu einer fortschreitenden Schädigung des Tragsystems im Baufeld an der Südflanke führen. Positiv erkennbar ist gleichzeitig die beginnende Stützwirkung des Versatzes in den Abbauen auf die Pfeiler, unterstützt durch die fortlaufende Verfüllung von Firstspalten mit Sorelbeton.
     
  • Lage- und Höhenmessungen
    Auch im vergangenen Jahr wurden die größten Bewegungen an der Tagesoberfläche oberhalb des Grubengebäudes festgestellt. Mit dem Messprogramm wird deutlich, dass die Bewegungen unter Tage die übertägigen Bewegungen beeinflussen. Senkungen und Hebungen unter Tage sind in eindeutige Zonen getrennt und stimmen mit den Zonen größerer Beanspruchungen über Tage überein. Deutlich machten die Messungen auch, dass das Beobachtungsnetz für die Höhenmessungen im Norden zu erweitern ist. Als notwendig wird erachtet, teilweise Bohrungen neu zu setzen, da diese in den Pfeilern weiterhin stark beansprucht sind. 
     
  • Spannungs- und Verformungszustand
    Hinsichtlich der Verformungssituation zeigt sich, dass die Pfeilerstauchungsraten weiterhin auf einem hohen Niveau sind. Im Ost- und Westflügel konnte wie in den letzten Jahren auch, wurde eine leicht rückläufige Entwicklung der Pfeilerstauchungsraten festgestellt. Diese fällt aber geringer aus als im Vorjahr. Die Pfeilerstauchungsraten sind seit Beginn 2021 nahezu konstant. Generell haben die Stabilisierungsmaßnahmen zu einem tendenziellen Rückgang der Verformungsraten und hier insbesondere der Pfeilerstauchungsraten geführt. 
     
  • Mikroseismische Überwachung
    Schädigungsprozesse im Tragsystem und im Umfeld werden auch durch ein Netz von Mikroseismikstationen überwacht. Diese können kleinste Erschütterungen im Gestein („Das Knirschen im Gebirge“) sichtbar machen. Insgesamt war im Jahr 2020 die mikroseismische Aktivität im Bereich des Tragsystems leicht rückläufig, liegt aber weiterhin auf hohem Niveau. In einigen Bereichen zeigte sich nach Abschluss von umfangreichen Verfüll- und Sanierungsmaßnahmen ein tendenzieller Rückgang der mikroseismischen Aktivität. Dies wird als eine Verlangsamung des Schädigungsprozesses interpretiert.
     
  • Bericht zum Salzlösungsmonitoring
    Im Jahr 2020 war der Lösungszutritt an der Hauptauffangstelle mit durchschnittlich 12,1 Kubikmeter am Tag sehr konstant. Lediglich im Dezember 2020 gab es einen kurzen, temporären Rückgang auf rund 10,9 Kubikmeter Lösungszutritt am Tag. Diese kurzzeitige Änderung bewegte sich innerhalb festgelegter Meldegrenzen und war nicht meldepflichtig. Der Anteil der gefassten Lösung an der Hauptauffangstelle auf der 658-Meter-Ebene liegt im Jahr 2020 bei 95,2 Prozent. Die restlichen Lösungen werden auf den darunter liegenden Ebenen gesammelt. Insgesamt ist das installierte und ergänzte Fassungssystem funktionsfähig sowie geeignet, die Zutrittssituation zu bewerten und die Lösungen geochemisch zu charakterisieren.

    Aus aktuellem Anlass informierte die BGE auch über schwankende Lösungsmengen im Juni 2021. Detaillierte Informationen hierzu finden Sie in der Meldung vom 28. Juni 2021, die wir anschließend täglich bis einschließlich 2. Juli 2021 aktualisierten. Zum jetzigen Zeitpunkt bewegt sich der Lösungszutritt wieder im Bereich um die 12,4 Kubikmeter am Tag. Da von einem intakten Fassungssystem ausgegangen wird, ist darauf zu schließen, dass sich der Fließweg außerhalb des Grubengebäudes verändert hat. Weitere Untersuchungen finden derzeit statt.


Schlussfolgerung

Die Fachleute sind sich einig, dass zur weiteren Stabilisierung des Tragsystems eine zügige und systematische Fortsetzung der Resthohlraum- bzw. Firstspaltverfüllung unverzichtbar ist. Da die Nutzung einiger Infrastrukturräume unumgänglich ist, muss die Gebrauchstauglichkeit fortlaufend bewertet werden. Hierfür werden die lokalen Monitoringprogramme fortgeführt. Im Ergebnis des Monitorings wurden und werden bei Bedarf zielgerichtete Sanierungs- und Stabilisierungsmaßnahmen umgesetzt.

Auch im Hinblick auf die geplante Rückholung der radioaktiven Abfälle ist die weitere Stabilisierung des Tragsystems notwendig. Die fortschreitenden Schädigungsprozesse schränken die Gebrauchstauglichkeit insbesondere der Infrastrukturbereiche auf der 700-Meter-Ebene sowie der Hauptverbindungsstrecke im Bergwerk (Wendelstrecke) zunehmend ein und erfordern zusätzliche Stabilisierungs- und Sanierungsmaßnahmen.

Aufgrund der vorhandenen gebirgsmechanischen Beanspruchungen im Zutrittsbereich ist keine Abnahme der hydrogeologischen Gefährdung zu erkennen. Es besteht vielmehr weiterhin die Gefahr, dass sich neue Zutrittspfade ergeben und dies die Fassung oberhalb der Einlagerungskammern erschwert.

Die Maßnahmen werden den großräumigen Schädigungsprozess zwar nicht nachhaltig verhindern, aber dennoch ein sicheres Arbeiten in den nächsten Jahren ermöglichen.


Über das Gebirgsbeobachtungsgespräch

Die Gebirgsbeobachtungsgespräche sind ein jährlich stattfindendes öffentliches Fachgespräch, in dem die Ergebnisse der Gebirgsbeobachtung vorgestellt und diskutiert werden.

An der Veranstaltung nahmen in diesem Jahr Vertreter*innen des Landesamts für Bergbau und Geologie, des Bundes- und Landesumweltministeriums, der Asse-2-Begleitgruppe, des Asse-2-Koordinationskreises und der Arbeitsgruppe Optionen Rückholung (AGO), der beratenden Expert*innen der Asse-2-Begleitgruppe teil.